„Meine Musik“ – die KROLL-Methode

 

Als flankierende therapeutische Maßnahme für die Rehabilitation von Schlaganfall-, Herzinfarkt- und Trauma-Patienten biete ich ein musiktherapeutisches Verfahren an, das auf jeden einzelnen Patienten individuell zugeschnitten ist.

 

Die heilende Wirkung von Musik – gemeint ist hier immer die „klassische“ – ist auch in der rezeptiven Musiktherapie unumstritten. Bekanntlich werden dabei Endorphine freigesetzt, wie MRT-Aufnahmen belegen, so dass es zu unmittelbaren Wechselwirkungen zwischen Hören (Sinneswahrnehmung) und Emotionen kommt. „Hier kommen also Gefühle ins Spiel, die von tief im Gehirn liegenden limbischen Strukturen aus das gesamte Denkorgan aktivieren.“ (Eckart Altenmüller in „Gehirn&Geist“)

 

Ebenso wie beim Musizieren werden auch beim Hören von Musik verschiedene, teilweise weit voneinander entfernt liegende Hirnareale angeregt und stimuliert.

 

Illus

Hirnaktivierung beim Hören von Musik

Der Reiz des Hörnervs wird zuerst in den Hirnstamm (1) geleitet: Sensomotorische Verbindung zwischen Gehirn und Körper, Regulation von Herzschalg, Körpertemperatur, Atmung etc.

 

Weiterleitung ins limbische System (2), zentral mitten im Gehirn gelegen: Verarbeitung von Gefühlen, Auslösen körperlicher Reaktionen wie Gänsehaut, Weinen, Magendrücken. Dies erklärt, warum uns Musik unmittelbar „unter die Haut“ geht!

 

Weiterleitung in die Primären Hörareale (3), rechts und links außen im Großhirn gelegen: die Schaltzentralen des Hörens.

 

Von dort Weiterleitung in folgende Areale: Sekundäre Hörareale (4): In der linken Gehirnhälfte wird Rhythmus „verstanden“, in der rechten Klangfarben und Tonhöhen.

Präfrontalhirn (5): Unser Wissen über Musik, das Verstehen von Musik.

 

Orbitofrontaler Kortex (6): Unser persönlicher Musikgeschmack, der linke OFK ist aktiv, wenn uns Musik gefällt, der rechte, wenn Musik nicht gefällt.

(>  www.flowskills.com/neurobiologie-und-flow.html)

  

So ließ sich die kognitive Leistungsfähigkeit von vier- und fünfjährigen Kindern (McMaster University Ontario, Canada) beim Hören von Musik kurzfristig erhöhen.

„Das bloße Zuhören löst großflächige Aktivierungen nicht nur im auditorischen Kortex aus, also jenem Abschnitt der Großhirnrinde, der Hörreize verarbeitet, sondern auch im Frontal und im Scheitellappen. Denn ein ganz wichtiger Faktor ist das Antizipieren: Musik ist ein Spiel mit Erwartungen, die aufgebaut und in bestimmter Weise durchbrochen werden. Wir spinnen Melodien und Rhythmen im Kopf quasi automatisch fort. Nehmen diese dann eine andere Wendung, erregt das unser Interesse. Entsprechend wird dabei jener Teil des Gehirns beansprucht, der für die Handlungsplanung, aber auch für den Umgang mit Ambiguitäten verantwortlich ist – im Wesentlichen der dorsolaterale Teil des präfrontalen Kortex. Ein gut funktionierendes Stirnhirn fördert das strategische Denken insgesamt.“ (Altenmüller)

Koordination, Gedächtnis, Einfühlungsvermögen werden so gesteigert.

 
Bereits in der Philosophie des Altertums (Platon) werden bestimmten Tonarten verschiedene Affekte und ethisch-moralische Wirkungen zugeordnet.

Nach einer jüngsten Studie der Universität Helsinki (Teppo Särkämö) haben z. B. Schlaganfall-Patienten ihr Sprachgedächtnis um 60 % verbessert, wenn sie regelmäßig eine Stunde täglich Musik hören. Auch die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu fokussieren, verbesserte sich und es traten weniger häufig depressive Verstimmungen oder Verwirrungszustände auf. Musik aktiviert in beiden Hirnhälften ein weitverzweigtes Netzwerk an Arealen, die unter anderem für die Steuerung der Aufmerksamkeit, die Sprache, das Gedächtnis, die Kontrolle von Bewegungen und die Verarbeitung von Gefühlen zuständig sind. Mit dem Hören von Musik werden direkt die geschädigten Hirnregionen stimuliert oder aber ein entsprechendes „Reparaturprogramm“ gestartet, das dann diese Aufgabe übernimmt.

 

So kann das Musikhören also als Ergänzung zu herkömmlichen Therapiemethoden der Rehabilitation angewendet werden.

 

Gerade nach traumatischen Erfahrungen wie z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall oder der posttraumatischen Belastungsstörung und den damit meistens verbundenen Lebenskrisen gelingt der Wiedereinstieg in ein „normales Leben“ oft nur mühsam. Manchmal hat der Patient das Gefühl, noch einmal „von vorn“ beginnen zu dürfen. Ihm ist bewusst geworden, dass der weitere Lebensweg nach dem Ereignis, das vielleicht mit Nahtod-Erfahrungen einherging, an einem Wendepunkt steht.

 

Zwei Ansätze der musiktherapeutischen Methode:

1. zur aktuellen Lebenssituation,

2. zu grundsätzlichen Aspekten der Persönlichkeit („Meine Musik“).

 

In einer ausführlichen musikalischen Anamnese werden die psychische Befindlichkeit und Grundstruktur und die dafür passenden Musikstücke ermittelt. Dabei spielen Fragen der Lebensführung und -situation und der Biographie eine entscheidende Rolle. Für unterschiedliche Affektzustände wird ein Repertoire an Musikbeispielen zur Verfügung gestellt.

 

 

© Inhalt und Texte by Dieter Kroll • © Grafik & Design by Marion Kroh